OSTERN - "Pasha" - IN GRIECHENLAND 
Karwoche ("die Grosse Woche") und Ostern in Griechenland

Das griechisch-orthodoxe Osterfest - "Pasha" ist selten dann, wann unser Osterfest ist. Doch beschränken sich die Unterschiede zwischen dem westlichen und dem östlichen Osterfest nicht nur auf das Datum. Manche Unterschiede sind sogar recht wesentlich; so finden die Gottesdienste, in denen der Kreuzigung Christi gedacht wird, am Donnerstag statt, und am Ostersonntag gibt es eine zweite Auferstehung!

Bereits am Abend des "Großen Donnerstags" wird der Kreuzigung gedacht. Während des Gottesdienstes wird eine lebensgroße Statue des Gekreuzigten aus dem "Hieron" (dem Allerheiligsten) in die Mitte des Kirchenschiffes getragen und das Kreuz aufgerichtet. Der byzantinische Gesang während dieser Handlung gehört zu den eindrucksvollsten und rührendsten der Orthodoxie überhaupt. Mädchen bringen dem Gekreuzigten Blumenkränze, und die Gläubigen nähern sich dem Kreuz, um die Füße Jesu zu küssen.

Jeder, der am "Großen Freitag" (Karfreitag) zu Mittag eine griechische Kirche besucht und kirchliche Feiern erwartet, wird feststellen, dass um diese Zeit bereits alles vorüber ist - sogar ein zweiter langer Gottesdienst im Gedenken an die Kreuzabnahme wird schon in der Früh gehalten, und in der Kirche befindet sich nur die über und über mit Blumen geschmückte Totenbahre Christi, der Epitaphios.

Denn am Morgen des "Großen Freitags" erreicht der Gottesdienst um ca. 10.30 seinen Höhepunkt, wenn die Nägel aus den Händen des Gekreuzigten entfernt werden und der Körper Christi in ein weißes Tuch eingehüllt wird, um von dem Priester in das Allerheiligste getragen zu werden. Danach wendet sich der Priester wieder der Gemeinde zu und hält in seinen Händen ein schweres Tuch mit der Abbildung Christi. Dieses Tuch wird in einer Prozession herumgetragen und von der Trauergemeinde mit Rosenwasser besprengt. In Kirchen, die eine Empore haben, regnet es Blüten auf das Tuch herab.
Das Tuch wird sodann auf eine verzierte, mit einem Baldachin überdachte und reich mit Blumen geschmückte Bahre, den Epitaphios, gelegt, der vor dem jetzt leeren Kreuz steht. Das Kreuz trägt nur mehr die Dornenkrone (es handelt sich meistens um echte Dornenkronen) und eine purpurne Schärpe. Die Gläubigen ziehen vorbei und beugen sich über den Epitaphios, um die Bibel und eine blütenübersäte Ikone zu küssen.

In manchen Regionen Griechenlands gedenken die Menschen ihrer eigenen Toten, bringen deren Fotos am Epitaphios an und beweinen sie herzzerreißend.
Am Abend, nach einem weiteren Gottesdienst, veranstaltet jede Pfarre eine Prozession und trägt "ihren" Epitaphios durch die Straßen. Junge Mädchen, die Kränze des Kreuzes tragend, begleiten ihn, ebenso wie junge Männer mit Bannern. Hinterher folgen die Gläubigen mit brennenden Kerzen aus Bienenwachs (weiße Kerzen werden erst in der Nacht des Karsamstag, das heißt bei der Auferstehung, entzündet). Während der Prozession singt der Kirchenchor ergreifende Trauer- und Lobgesänge ("Gepriesen sei").

In Athen wird der "Epitaphios" durch die an die Kirche angrenzenden Straßen getragen. Entlang der Prozession sind die Balkons der Wohnhäuser an diesem Frühlingsabend voll beleuchtet. Und während Hunderte von Menschen an dieser Grablegungsprozession teilnehmen, regnet es von Fenstern und Balkons Blüten auf die langsam vorbeiziehende Menge, die einem Lichtermeer gleicht.

In kleinen Städten treffen Prozessionen von allen Kirchen an einem Ort zusammen, wo gemeinsam gebetet wird, ehe die Prozessionen zu ihren Kirchen zurückkehren.

Das ist es, was die meisten Touristen in Griechenland vom Osterfest sehen, und obwohl der Anblick der flackernden Kerzen in den dunklen Straßen sicherlich beeindruckend ist, gibt er doch nicht die tiefen Emotionen wieder, die in den vorhergehenden Feiern im Inneren der Kirche zu spüren waren. Besucher sind jederzeit herzlich eingeladen, an den Gottesdiensten teilzunehmen (von denen jede mindestens drei Stunden dauert), sollten jedoch beachten, dass in Griechenland die Männer in der Kirche rechts und die Frauen links oder auf der Empore stehen (von wo aus man den besten Ausblick hat) und dass Frauen keine Hosen tragen sollten.

Die Wichtigkeit der Leiden Christi in der Orthodoxie überhaupt und demnach des Karfreitags, wird dadurch erkennbar, dass sich in Athen die höchsten Politiker, vom Präsidenten der Republik und Premier bis zum Bürgermeister und den Ministern, unabhängig von ihrer zugehörigen Pfarre, in die Athener Kathedrale begeben, um dort der Nachtmesse und der Prozession beizuwohnen.

Der Karsamstag, oder der "Große Samstag" ist ein Tag des Wartens, während die Hausfrauen das Osterbrot fertig backen, das mit den roten, am "Großen Donnerstag" gefärbten Eiern verziert wird - diese versinnbildlichen sowohl das Blut Christi als auch das neue Leben der Auferstehung. Den Hausfrauen fällt es auch zu, die Ostersuppe aus Lamm-Innereien zuzubereiten, die nach der Mitternachtsmesse gegessen wird. Das traditionelle Essen am Karfreitag besteht aus gekochtem Gemüse oder Linsen mit Essig. Die Karwoche ist eine strenge Fastenzeit. Viele halten sich daran, vor allem am Donnerstag und Freitag, und verzichten auf Fleisch, Fisch, Milchprodukte, auf Fette oder Olivenöl (Oliven selbst sind erlaubt). Erlaubt sind aber die köstlichen Sesamprodukte Tahini (dickflüssig) und der süße, feste Halvas, nahrhaft und sättigend durch den eigenen Fettgehalt. Auf dem Lande werden die Osterlämmer geschlachtet, in den Städten kaufen die Männer Holzkohle, einen neuen Spieß für das traditionelle Grillen am Ostersonntag und das Lamm.

Wenn es nur irgend möglich ist, fährt man über Ostern heim in "sein" Dorf auf das Land, doch werden sehr eindrucksvolle Oster-Gottesdienste in der Kathedrale von Athen und in der Kirche auf dem Lykabettos-Hügel gehalten.

Samstag nachts sind sämtliche Kirchen für die abendliche Auferstehungsfeier voll, die zu spät Kommenden versammeln sich vor der Kirche. In der Hand halten die Gläubigen die noch nicht angezündeten Kerzen. Kurz vor Mitternacht werden alle Lichter und Kerzen in der Kirche gelöscht, der Priester erscheint vor dem Allerheiligsten mit dem neuen, dreiflammigen Osterfeuer. Mit diesem Feuer werden schnell die Kerzen der Versammelten entzündet, es wird von einem zum anderen weitergereicht, bis die ganze Kirche hell erleuchtet ist und eine Woge des Lichts aus der Kirchentüren herausbricht und sich schnell in die Straßen ausbreitet.

Danach tritt der Priester aus der Kirche und besteigt ein Podium, um aus dem Evangelium zu lesen und mit lauter Stimme das erlösende "Christos Anesti" ("Christus ist auferstanden") zu verkünden, worauf die Menge jubelnd antwortet "Alithos Anesti" (Er ist wahrhaftig auferstanden). Gleichzeitig läuten sämtliche Glocken, Knallkörper explodieren (trotz eines offiziellen Verbotes von Feuerwerken) und in den Häfen heulen die Sirenen der Schiffe. Familien und Freunde umarmen und küssen einander und tauschen, erleichtert nach dem emotionellen Stress der vorhergegangenen Tage, den Ostergruß aus.

Die allgemeine Hochstimmung erfast sogar auch Menschen, die nicht regelmäßig in die Kirche gehen - Christus ist auferstanden, und für das nächste Jahr ist alles wieder gut. Sie tragen die neue Flamme, die sie manchmal in einer Laterne transportieren, nach Hause, um die Öllampe vor der Familienikone neu zu entzünden und um mit dem Ruß ein Kreuz über die Eingangstür zu machen. Dann sitzt die Familie zusammen, um das traditionelle Nachtmahl, die Lammsuppe "Mayiritsa", zu essen, dazu Salat und Käse, frisches Brot und ein rotes Ei. Denn die Mahlzeit muss nach der Fastenzeit, auch wenn sie nicht mehr so streng eingehalten wird wie früher, leicht und bekömmlich sein. Manche Gläubigen bleiben aber in der Kirche, um in den frühen Morgenstunden des Ostersonntags die Kommunion zu empfangen.

Am Ostersonntag gleicht ganz Griechenland einem riesigen Picknick-Platz. So gut wie jede Familie fährt auf das Land und grillt ihr Lamm im Freien. An Nachbarn und Vorbeigehende werden "Mezedes" verteilt, Happen von Leber, Eiern, Salat und Käse, mit Wein oder Bier und Kostproben des knusprigen Lammbratens.

Üblich und beliebt ist das Eierpecken mit den rot gefärbten Eiern. Laute und fröhliche Musik begleitet das allgemeine Feiern und den Tanz, der am Nachmittag beginnt und am nächsten Tag fortgesetzt wird. Übrigens wird der Ostermontag als St. Georgstag gefeiert, falls der eigentliche Namenstag des Hl. Georg in die Fastenzeit gefallen ist.

So nimmt das Osterfest in Griechenland, als Fest der Familie und des fröhlichen Feierns, die Stellung ein, die in der Tradition des Westens das Weihnachtsfest hat.

Orthodoxe Ostern waren und sind am:

2011 24.04.2011
2012 15.04.2012
2013 05.05.2013
2014 20.04.2014
2015 12.04.2015
2016 01.05.2016
2017 16.04.2017
2018 08.04.2018